Russland betreibt mindestens 21 »Filtrationslager«
Forscher der Universität Yale haben nun nach eigenen Angaben allein in und um Donezk mindestens 21 »Filtrationslager« identifiziert , in denen Kriegsgefangene und Zivilisten aus der Ukraine schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht ausgesetzt sein sollen.
Die Fachleute beschreiben ein Verfahren, in dem Personen in von russischen oder kremltreuen Einheiten kontrollierten Konfliktgebieten aufgegriffen, registriert und verhört werden. Danach werden die Betroffenen freigelassen, inhaftiert oder nach Russland gebracht.
Ukrainerinnen und Ukrainer protestieren vor dem russischen Konsulat in Krakau gegen die Art, wie Moskau die Mitglieder des Asow-Regiments behandelt
Foto: Beata Zawrzel / NurPhoto / IMAGOLaut dem Bericht des Yale School of Public Health Humanitarian Research Lab gibt es zudem eindeutige Hinweise darauf, dass dieses sogenannte Filtrationssystem bereits vor dem russischen Angriffskrieg aufgebaut wurde. Es verstößt dem Bericht zufolge gegen mehrere Elemente des humanitären Völkerrechts.
Die Forscher überprüften die 21 Standorte nach eigenen Angaben mit mindestens fünf unabhängigen Quellen. Die einzelnen Standorte der Lager wurden laut dem Bericht mithilfe von Satellitenbildern sowie frei zugänglichen Informationen identifiziert. Zu den Komplexen zählten etwa ehemalige Schulen und reguläre Gefängnisse.
Laut dem Direktor des Forschungsinstituts, Nathaniel Raymond, gibt es Hinweise auf mindestens sieben weitere Lager. Diese ließen sich allerdings bislang noch nicht erhärten.
Grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung
Entlassene Personen berichteten von katastrophalen Zuständen in den Lagern. Die Forschungsgruppe nennt Überfüllung, fehlenden Zugang zu angemessenen sanitären Einrichtungen und sauberem Wasser sowie unzureichende Nahrung. Zudem seien Insassen nicht vor der Witterung geschützt, medizinische Versorgung werde ihnen verweigert; in manchen Fällen würden Personen isoliert. Auf Basis der Schilderungen der Entlassenen kommt der Bericht zum Ergebnis, dass die Zustände »bei Nachweis den Tatbestand der Folter erfüllen«.
Eines der identifizierten Lager ist ein Gefängnis in Oleniwka. Von dort gibt es dem Bericht zufolge Schilderungen zu überfüllten Zellen, beschränktem oder nicht vorhandenem Zugang zu Wasser und sanitären Einrichtungen, Mangelernährung, Zwangsarbeit und Folter.
In dem Lager wurden Ende Juli mehr als 50 ukrainische Kriegsgefangene getötet. Darunter waren Mitglieder des umstrittenen Asow-Regiments, die bei der Verteidigung des Asow-Stahlwerks in Mariupol gefangen genommen worden waren.
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Die russische und die ukrainische Seite machen sich gegenseitig für den Tod der Kriegsgefangenen verantwortlich. Während der Kreml Kiew vorwarf, das Gefängnis mit einem amerikanischen HIMARS-Raketenwerfersystem beschossen zu haben, beschuldigte die ukrainische Seite die russische, die Explosionen ausgelöst zu haben. Experten halten den Einschlag einer HIMARS-Rakete jedoch für ausgesprochen unwahrscheinlich und berufen sich auf Bilder aus dem Inneren der Baracke und Satellitenaufnahmen des Geländes.
Satellitenbilder zeigen laut dem aktuellen Bericht aufgewühlte Erde nahe der Anstalt, die auf mögliche Gräber schließen lasse. Allerdings seien diese potenziellen Gräber schon am 11. April beziehungsweise am 27. Juli gefunden worden, also vor dem Tod der Gefangenen. Ein früherer Gefangener in Oleniwka berichtete demnach, er habe während seiner Gefangenschaft Gräber ausheben müssen.
Das »Gefängnis« Oleniwka nach der Explosion
Foto: Alexander Ermochenko / REUTERSDas Humanitarian Research Lab an der Yale School of Public Health ist Partner einer vom US-Außenministerium finanzierten Konfliktbeobachtungsstelle, die im Mai ins Leben gerufen wurde. Sie soll Beweise für Kriegsverbrechen und andere Gräueltaten sammeln und analysieren, die mutmaßlich von Russland in der Ukraine verübt wurden.
Seit Monaten berichten Aktivisten von einem eigenen Gefangenensystem für Ukrainer in bestimmten Haftanstalten, von Gefängnissen in bestehenden Gefängnissen, die nicht den üblichen Behörden, sondern dem Inlandsgeheimdienst FSB und dem Militär unterstellt seien.
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