„Moskauer“ Kirche muss Kiewer Höhlenkloster verlassen
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Weil die Regierung einen Nutzungsvertrag kündigt, muss die Ukrainische Orthodoxe Kirche das komplette Klostergelände räumen. Sie beklagt nun „sowjetische Methoden“.
Schon vor dem Jahreswechsel hat das ukrainische Kulturministerium angekündigt, zu „prüfen“, ob die Ukrainische Orthodoxe Kirche (UOK) das Höhlenkloster in Kiew weiter nutzen darf. Nun ist die Entscheidung gefallen: Bis zum 29. März muss sie das komplette Gelände inklusive der unterirdischen Zellen der Mönche räumen. Das Ministerium begründete das in einem am Freitagabend bekanntgewordenen Schreiben mit der „Verletzung der Bestimmungen des Abkommens über die Nutzung von Staatseigentum durch das Kloster“. Bis Dienstag habe das Kloster Zeit, Vertreter in eine Kommission zu entsenden, welche die Übergabe regelt.
Damit muss die UOK ihr geistliches Zentrum verlassen. Dieses besitzt mit den aus großer Entfernung sichtbaren goldenen Kuppeln auch symbolischen Wert für die Kirche, die nach wie vor über die meisten Gemeinden, Priester und Klöster im Land verfügt. Doch sie steht seit Beginn der russischen Invasion unter erheblichem Druck.
Vorwurf: Sabotage für Russland
Zwar hat die Ukrainische Orthodoxe Kirche im vergangenen Mai die „volle Eigenständigkeit und Unabhängigkeit“ vom Moskauer Patriarchen Kyrill erklärt, der Russlands Angriffskrieg unterstützt und die imperiale Idee der „russischen Welt“ propagiert. Doch die Regierung in Kiew nimmt ihr die Wende nicht ab.
So bezieht sich das Schreiben des Kulturministeriums an das Kloster auf ein Dekret des Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der unlängst die „spirituelle Unabhängigkeit“ der Ukraine ankündigte. Im Herbst führte der Inlandsgeheimdienst SBU Razzien in Hunderten Kirchen und Klöstern durch, darunter auch im Kiewer Höhlenkloster. Der Vorwurf lautete: Sabotage für Russland. Empörung rief insbesondere ein Video hervor, das zeigte, wie Gläubige im Höhlenkloster das „Erwachen“ von „Mutter Russland“ besingen.
Die UOK dagegen sieht sich als Opfer religiöser Verfolgung. In einer ersten Reaktion auf den angekündigten Rauswurf aus dem Höhlenkloster schrieb sie am Samstag: „Der einzige Grund für die Vertreibung von Mönchen aus dem orthodoxen Heiligtum ist die Laune von Beamten des Kulturministeriums, genau wie während des Sowjetregimes in den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts.“ Wenig überraschend vertritt diese Erzählung auch die Russische Orthodoxe Kirche, die sich immer noch als Mutterkirche der UOK sieht. Kirchensprecher Wladimir Legoida sprach vom „Gipfel“ einer „Gesetzlosigkeit, die sich gegenüber Millionen gläubiger Ukrainer schon seit Jahren entfaltet“. Ähnlich äußerte sich die Sprecherin des russischen Außenministeriums.
Doch auch die Ukrainische Orthodoxe Kirche ist kein monolithischer Block. Jüngst erhoben Kreise, welche die eigene Kirchenführung um Metropolit Onufrij kritisch betrachten, ihre Stimme. Mehr als 1500 Priester und Laien unterzeichneten bis Anfang Februar einen Aufruf, der angesichts des russischen Krieges gegen die Ukraine einen „Mangel an klaren und konsistenten Erklärungen des Heiligen Synods der UOK“ beklagte.
Diese reformorientierte Strömung steht auch hinter Annäherungsversuchen an die konkurrierende Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU), deren Gründung 2018 vom damaligen Präsidenten Petro Poroschenko vorangetrieben wurde. Am 16. Februar trafen sich Laien und Geistliche beider Kirchen in der Kiewer Sophienkathedrale. Sie forderten die „Vereinigung aller orthodoxen Ukrainer in einer konziliaren und lokalen (autokephalen) Ukrainischen Orthodoxen Kirche, die von der ganzen orthodoxen christlichen Gemeinschaft anerkannt wird“. Weil „tiefe Entfremdung, das Misstrauen und die Schaffung eines Feindbildes“ bei den Anhängern beider Kirchen zu gegenseitiger Entmenschlichung führten, sähen sie sich verpflichtet, „diese Bewegung zu starten“.
Doch so schnell wird ein solcher Befreiungsschlag wohl nicht gelingen. Serhij Bortnyk, ein Teilnehmer des Treffens aus den Reihen der UOK, schrieb auf der Onlineplattform „Dialog hier“ von der Hoffnung auf kleine Annäherungsschritte: „Wir sind nur ein Rad, das den ganzen Mechanismus in Gang setzen kann.“ Als „unfreundlichen Schritt gegenüber den eigenen Bürgern“ wurde der Rauswurf aus dem Höhlenkloster auch auf „Dialog hier“ bezeichnet.
Es ist nicht der erste derartige Schritt. Das Kulturministerium hatte Anfang März angeordnet, dass die UOK zwei Klöster und zwei Kathedralen in der nordukrainischen Großstadt Tschernihiw verlassen muss. Die Behörden ermöglichen es der OKU auch, schon am 7. Januar in einer Kathedrale auf dem Gelände des Höhlenklosters einen Weihnachtsgottesdienst zu feiern.
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